Allgemein, Glaubenssätze, Ideen und Gedanken, Lebenshilfe, Positiv handeln

Unsinnige Überzeugungen


Das Leben soll am Ende der Komfortzone beginnen? Ah ja? Und was ist mit all den Menschen, die sich in ihrer Komfortzone wohl fühlen?  Sind die tot?

Neale Donald Walsch  ist ein US-amerikanischer Autor religiös-spiritueller Bücher und bringt solchen Schrott in Umlauf. Und was passiert? Tausende von unreflektierten Motivationsjüngern finden diesen Spruch wahnsinnig toll, überlegen nix, verbreiten ihn in sozialen Medien und auf Postkartenständern und schwupp – geht ein neuer Glaubenssatz viral.

Glaubenssätze sind Generalisierungen über verschiedene Aspekte der Welt und sollten unbedingt auf ihre Allgemeingültigkeit und ihren Nutzen geprüft werden. Für das Unterbewusstsein sind Glaubenssätze absolut wahr. Sie heissen Glaubenssätze (Englisch: beliefs), weil es Sätze sind, an die man glaubt. Man nennt sie umgangssprachlich auch Überzeugungen.

Glaubenssätze sind verinnerlichte Bestätigungen, basieren auf eigenen Erfahrungen und… vor allem auch auf den Erfahrungen und Meinungen anderer. Da wird es besonders heikel! Glaubenssätze sind nämlich weder wahr noch falsch. Aber sie leiten unser Leben und bestimmen über Erfolg oder Misserfolg, weil sie das Fühlen, Denken und Handeln steuern. Sie wirken immer, Sekunde um Sekunde.

Glaubenssätze steuern das Selbstwertgefühl, das berufliche Umfeld, Beziehungen zu Lebenspartnern, Kollegen und Vorgesetzten, den Umgang mit dem Körper, die Lebenseinstellung und den Lebenssinn. Positive Glaubenssätze sind kraftvolle Energien, die für einen arbeiten. Destruktive Glaubenssätze sind dagegen wie Sand im Getriebe. Glaubenssätze sind nichts anderes als Programme – demzufolge kann man sie auch löschen oder verändern. Man kann sich also selbst programmieren.

„Life begins at the end of your comfort zone“ ist keine schlaue Überzeugung. Denn das würde bedeuten, dass ich nur lebe, wenn ich Angst habe, lerne oder wachse. Bullshit.

Ähnlich unsinnig ist der Glaubenssatz „Ohne Fleiss kein Preis“. Das führt dazu, dass immer mehr Menschen auch in der Freizeit dauernd das Gefühl haben, etwas leisten zu müssen. Dann verlassen sie ihre gemächliche Routine, ihr lieben Gewohnheiten, verlieren die Kontrolle und werden Unsicher. Und das nennt sich dann „Leben“?

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Fallen der Trimm-Psychologen treten und solche Plattitüden ohne zu hinterfragen einfach weiterverbreiten. Diese dünnschichtigen Lebensweisheiten sehen auf den ersten Augenblick zwar cool aus, zugegeben. Vor allem auf Stossdämpfern von überdimensionierten Pick-Ups, neben einem Herbalife-Sticker auf dem Hyundai oder – ganz originell – als Hintergrundbild auf Facebook.

Für alle, die wirklich etwas bewegen wollen, gibt es hier sieben wertvolle Überzeugungen:

  1. Alles geschieht aus einem Grund, hat einen Sinn und bringt mich weiter.
  2. Es gibt keinen Misserfolg, es gibt nur Resultate.
  3. Ich bin verantwortlich für was auch immer mit mir passiert.
  4. Es ist nicht notwendig alles zu verstehen, um es effektiv einsetzen zu können.
  5. Menschen sind das grösste Kapital.
  6. Arbeit ist Spiel.
  7. Es gibt keinen bleibenden Erfolg ohne echte Verpflichtung.

Viel Spass!

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Allgemein, Medien

Nachruf

Uriella

Uriella ist tot

In den vergangenen Jahren wurde ich oft gefragt: „Lebt Uriella eigentlich noch?“ Ich wusste es jeweils nicht, denn zum letzten mal habe ich sie und ihren Ehemann Icordo im Winter 1999 getroffen. Damals waren sie Gast in meiner RTL/Pro7-Sendung Klartext. Doch auch heute, bald 20 Jahre danach, zeige ich noch oft und gern Ausschnitte aus diesem Gespräch in Kommunikations-Workshops. Dabei geht es nicht darum, Uriella als besonders schräge Person darzustellen – das machen andere zur Genüge und sie selber hielt zu Lebzeiten weder mit ihrem Äusseren noch mit ihren Aussagen dagegen.

Uriella als Mensch

Als Journalist habe ich hunderte von Menschen interviewt, die meisten davon sind der Öffentlichkeit bekannt. Es war für mich immer besonders interessant zu beobachten, wie sich diese vor, während und nach der Sendung verhielten. Da gab vor allem zwei Kategorien: Die einen, die vor der Sendung freundlich mit Kameraleuten und Assistenten kommunizierten und auch nach der Sendung noch Zeit für einen Schwatz hatten. Und dann gab es die, die zeitlich ganz knapp kamen, kaum Zeit für ein Hallo und schon gar keine für ein Adieu hatten.

An Uriella und Icordo erinnere ich mich besonders gern. Ich traf die Beiden draussen vor den Studios Leutschenbach nach der Sendung auf dem Parkplatz. Obwohl wir uns erst vor wenigen Minuten verabschiedet hatten, freuten sie sich richtig, mich nochmals zu sehen. Sie wollten unbedingt beim Einladen von zwei Kisten helfen und schliesslich plauderten wir noch eine fröhliche Viertelstunde neben unseren Autos.

Klar – Uriella war schräg und nicht normal, weil sie nicht der Gesellschaftsnorm entsprach. Doch das machte sie eben gerade interessant und für TV-Journalisten zur Quotengarantie. Mit diesem Wissen haben wir sie damals eingeladen. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich ihr damals vor laufenden Kameras keine schlauen Fragen gestellt, sondern sie einfach – der Zuschauerzahlen zuliebe – schubladisiert und karikiert habe. Sie erklärte mir zum Beispiel, dass sie sitzend, mit den Handflächen nach oben gerichtet, Signale des Universums empfange und so die Stimme Gottes höre. Und ich Depp antworte mit: „Sie sind also nicht selbständig.“ Hahaha – ein typischer Journi-Schenkelklopfer! Dinge, die man als Moderator halt so sagt, damit einen die Kollegen toll finden…

Heute würde ich Uriella fragen, wie sich die Stimme Gottes anhört, wie sie von den Händen in den Kopf gelangt, was da oben ankommt und was sie als „Sprachrohr Gottes“ gegebenenfalls filtert. Nur weil ich nichts diesbezügliches höre oder spüre, heisst es nämlich noch lange nicht, dass so etwas nicht existiert. Ist doch so, oder? Es ist  verdammt viel einfacher, sich hinter Klischees zu verstecken und hinter vorgehaltener Hand abschätzig zu lächeln. Wie sang schon Herbert Grönemeyer: Wir werden dosiert zensiert, Menschen achtlos diffamiert – wie eine träge Herde Kühe schau’n wir kurz auf und grasen dann gemütlich weiter.

Uriella? R.I.P.

 

 

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Networking – wenn schon, denn schon!

Anfangs Jahr ist die perfekte Zeit um zu networken, bzw. nett zu worken. Das WEF hat den Anfang gemacht, viele Firmen und Organisationen ziehen im kleineren Rahmen nach. Jetzt sind die meisten Menschen am arbeiten und haben klare Ziele. Egal ob eigene oder übergestülpte – ohne Kundinnen und Kunden können sie diese nicht erreichen. Also auf in den Beziehungskampf. Für die einen ein Jammer, für die andern der Hammer. Es kommt darauf nur an, wie man es macht.

 

Events in der Zwangsanstalt

Es gibt Business-Veranstaltungen, auf denen nichts passiert, ausser dass Menschen in feinen Tüchern mit Namensschildern umherirren, sich gegenseitig die Hände schütteln und lächelnd Visitenkarten austauschen. Während dem stehen andere scheu herum und wissen nicht, wohin mit den Händen, Augen und überhaupt. Wir sehen zwei Kategorien: Die selbsternannten Profis, die sich gierig und mit klaren Zielen und Erfolgsabsichten auf solche Events stürzen. Und es hat auch Opfer, die geschickt wurden, die da sein müssen und denen es schon beim Wort ‚Networking‘ die Nackenhaare aufstellt. Alles bekannte, unschöne Bilder.

 

Events auf der Spielwiese

Sie können sich entspannen, denn es gibt eine lustvollere und nachhaltigere Art, die richtigen Netze zu knüpfen. Wer nicht auf sachliche Möglichkeiten oder Potenziale fokussiert, die der ausgesuchte Anlass bietet, sondern einfach möglichst vielen Menschen auf gute Art begegnet, ist stressfreier und lernt mehr. Begeben Sie sich auf die ‚Spielwiese Mensch‘! Das macht Spass, ist weniger anstrengend und wird Ihnen eines Tages mehr nützen, als wenn Sie verkrampft und nur nach Knigge akquirieren. Werden Sie Teil eines schönen, harmonischen Originals.

 

Die gute Art

Wer neugierig, ehrlich und ohne Druck fragt, sammelt die wertvollsten Informationen: Werte, Haltung, Erfahrungen, Leidenschaften, Vorlieben und Ablehnungen. Diskussionen und Diskurse sind an solchen Anlässen falsch am Platz, zielführend ist die Suche nach Gemeinsamkeiten. Auch hier heisst der Schlüssel zum Erfolg ‚Anpassungsfähigkeit‘. Dazu ist es erforderlich, das Gegenüber wahr zu nehmen und sich selbst zurück zu stellen. Es ist doch so: Sympathisch ist, wer bescheiden ist. Interessant bleibt, wer sich interessiert. Geben Sie von sich nur Stück für Stück preis, nicht zu früh.

 

Golf spielen allein hilft nicht

Auch wenn der Chef der Meinung ist, dass auf dem Golfplatz Geschäfte viel einfacher zu machen sind – seien Sie vorsichtig! Übereifrige Neugolfer sind nicht unbedingt beliebt. Vor allem nicht, wenn sie bereits beim 3. Loch Visitenkarten tauschen (oder noch besser: Broschüren abgeben!) wollen. Spätestens dann fliegt die Tarnung auf. Tun Sie nur das, was Sie wirklich gern tun – dann werden Sie auch gut darin. Und werden damit ein Partner auf Augenhöhe.

 

Der Serendipity-Effekt

Netzwerke stecken voller ungeahnter Möglichkeiten und Überraschungen. Es gibt auch schicksalhafte Begegnungen oder Entdeckungen, die nicht beim ersten Treffen erkannt werden können. Damit also eine gemeinsame Zukunft eine gute Chance hat, ist es wichtig, ohne spezielle Absicht zu handeln. Wer intelligente Schlussfolgerungen zieht, mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit offen über Ideen und Projekte spricht, wird eines Tages vom glücklichen Zufall belohnt.

 

In diesem Zusammenhang fällt oft der Satz ‚Der Zufall begünstigt nur einen vorbereiteten Geist‘. Die Entdeckung kommt, wenn jemand viel und ungezwungen daran gearbeitet hat. Sie fällt ihm dann zu. Zufall hin oder her.

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Katzenjammer

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Ich glaube nicht an Reinkarnation und solche Dinge. Dennoch frage ich mich hin und wieder – einfach so als Gedankenspiel – als was ich im nächsten Leben (falls es das eben gäbe) geboren werden möchte.

Ich weiss es.

Als Katze. Als meine Katze. Als meine Katze in meinem Haus in ländlicher Umgebung. Ich meine – perfekter kann man es ja nicht haben.

  • Immer Fressen. Das Trockenfutterschälchen ist wie von Zauberhand permanent gefüllt, frisches Wasser ist gegeben, hin und wieder gibt es eine Knabberstange oder gar etwas Nassfutter und selbstverständlich regelmässig ein grosszügiges, rohes Muster vom Poulet, Kalbsplätzli, Fisch oder Entrecôte – je nachdem was die Herrschaften sich selber genehmigen. Und die Parfait-Tube im Kühlschrank ist für  für die extremen Notfälle allzeit bereit.
  • Immer Unterschlupf. Hier ein Körbchen, da eine Decke, dort irgendetwas. Wo Katzen sich auch hinlegen – es scheint immer bequem und temporär perfekt zu sein.
  • Immer Liebe. Sie brauchen nur ein wenig zu schnurren und um Menschenbeine zu streichen (meistens genügt ja bereits nur schon die Anwesenheit) und es gibt Instant- Streicheleinheiten, nette Sing-Sang-Kosenamen und viel menschliche Wärme.
  • Immer Abwechslung. Die Neugierde von Katzen ist grenzenlos. Und unsere Umgebung ist ein diesbezügliches Paradies: Wiesen, Felder, Büsche, ein Bach, Bäume, Ställe, Mäuse, Hühner, Kälber, Ziegen, Vögel, Grillen, Spinnen, usw. Somit ist es Ihnen nicht langweilig. Und wenn, dann nur für ein paar Sekunden – bis sie schlafen.
  • Nie Sorgen. Nie Sorgen?

Doch.

Katzen verhungern nach ihrem Empfinden rund fünf bis zehn mal am Tag. Jedes Geräusch, das ans Öffnen einer Verpackung von irgend etwas Essbarem erinnert, triggert in ihnen sämtliche Alarmglocken. Nach einer Zehntelsekunde erwachen sie und nach einer halben Sekunde stehen sie laut jammernd vor einem.  „Haaalt – was ist das? Ich komme zu spät, zu kurz, zu was-auch-immer! Gib!!“

Fuck you.

In dem Moment möchte ich keine Katze sein. Weil sie nicht entscheiden kann. Ich schon. Traratrara zum Kühlschrank, reinschauen, abwägen, entscheiden, rausnehmen, öffnen, geniessen. Geil. Ich am Steuerknüppel.

Entscheidungsfreiheit.

Wenn es ein Leben nach dem Leben gibt, dann bestelle ich hiermit beim Universum wieder ein Ähnliches. Es ist schon unglaublich, wie gut es uns allen geht.

Wenn man so denkt.

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TMI – Too Much Information

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Ich liebe frische Feigen. Die älteste Frucht der Erde ist honigsüß, saftig, kalorienarm und gesund. Sie liefert neben Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen auch eine gute Portion Vitamine sowie verdauungsfördernde Enzyme und sättigende Ballaststoffe.

Das wäre ja alles perfekt – wenn nur nicht mein Sohn mir gestern Abend erzählt hätte, dass in jeder Feige eine tote Wespe steckt. Hat er aber. Und ich habe jetzt ein Problem. Nicht weil ich Vegetarier oder Veganer wäre. Nein, ich bringe einfach die Bilder nicht mehr aus meinem Kopf und das mulmige Gefühl nicht mehr aus meinem Mund.

Als mein Sohn weg war, habe ich natürlich sofort recherchiert. In der Hoffnung, er sei nur einem Ernährungsmärchen aufgesessen. Ist er aber nicht. Er hatte recht, verdammt nochmal. Ich habe gelesen: „Ein Weibchen, das zuvor die Pollen einer männlichen Bocksfeige aufgenommen hat, kriecht durch eine enge Röhre in die nach innen gekehrte Blüte der Essfeige, um dort seine Eier abzulegen. Dabei verliert es seine Flügel. Die Folge: Das 2-3 Millimeter große Tier stirbt in der Blüte und wird von den Pflanzenenzymen verdaut.“

Uuaaarrrggghhh! Flügel verlieren, Eier ablegen, sterben, verdaut werden – so habe ich mir das bis anhin nicht vorgestellt. Und möchte es auch weiterhin nicht! Denn (eigentlich) liebe ich Feigen, bzw. möchte Feigen weiterhin lieben können.

„Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.“ Ein altes Sprichwort, welches bei den radikalen Transparenzvertretern nicht gut ankommt. Das ist mir allerdings jetzt gerade ziemlich Wurst (ok, da möchte man auch nicht genau wissen, was drin ist) – ich möchte einfach zurück in die alte Welt. Kann ich aber nicht, weil sich die Information in meinem Hirn eingenistet hat. So wie Wespeneier in Feigen.

 

 

 

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Spüren anstatt glauben

An dieser Stelle ein äusserst interessanter Artikel des Ernährungswissenschaftlers Uwe Knop, den ich auf XING entdeckt habe.

 

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Ernährungsforschung gleicht dem Lesen einer Glaskugel. Klingt hart, aber muss man obektiv-ideolgiefrei so sehen. Warum, das erklären jetzt 20 Wissenschaftler, deren Einzelstatements schon eindeutig unzweideutig sind. In Zusammenhang gebracht wird klar: Es kann hier keine zwei Meinungen geben. Das sehen die zahlreichen powersellenden Ernährungspäpste & päpstinnen natürlich ganz anders. Es wird Zeit, die wild blubbernden postfaktischen Filterblasen ganz schnell zum Platzen zu bringen. 

Der desolate Zustand ökotrophologischer Forschung ist in der Fachwelt schon lange bekannt. So erklärte der Direktor des deutschen Cochrane-Zentrums, das die Qualität wissenschaftlicher Studien bewertet, Prof. Gerd Antes bereits 2011: „Die Ernährungswissenschaften sind in einer bemitleidenswerten Lage. Studien in diesem Bereich sind von vielen unbekannten oder kaum messbaren Einflüssen abhängig. Deswegen gibt es immer wieder völlig widersprüchliche Ergebnisse.“ Nur ein Jahr später ergänzte sein „Studienbewertungskollege“ vom staatlichen IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen), Dr. Klaus Koch, zur Kernschwäche von Ernährungs-Beobachtungsstudien: „Epidemiologische Studien können normalerweise keine Beweise liefern. Punkt.“ Daher ist für Prof. Gabriele Meyer, ehemalige Vorsitzende des DNEbM e.V. (Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin) und aktuell Mitglied im Sachverständigenrat von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, klar: „Beobachtungsstudien sind nicht geeignet, präventive oder therapeutische Empfehlungen abzuleiten.“ Meyers Nachfolgerin als Vorsitzende des DNEbM e.V., Prof. Ingrid Mühlhauser, Gesundheitswissenschaftlerin an der Uni Hamburg, erklärte Mitte 2016: „Beobachtungen, auch groß angelegte, sind keine ausreichende Grundlage für eine moderne Medizin.“ Einer der Gründe: Beobachtungsstudien liefern ausschließlich Korrelationen (statistische Zusammenhänge), jedoch niemals Kausalitäten (Ursache-Wirkungs-Beziehungen/Beweise). „Zusammenhänge zu beobachten heißt noch nicht, Ursachen zu erkennen“, so Mühlhäuser. Im Forschungsfeld Ernährung sieht es 2017 so aus: „Im Moment ist eine ganz große Korrelationsära in diesem Feld – und die Tatsache, dass es korrelativ ist, bedeutet, dass man eigentlich sehr wenig sagen kann“, so Prof. Dirk Haller, Leiter Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie am Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW).

Eine weitere Million Beobachtungsstudien bringt: Nichts!

Auch in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen wurde jüngst immer wieder auf die systemimmanente Kernschwäche der Ernährungsforschung hingewiesen: Viele ihrer Ergebnisse seien „völlig unglaubwürdig“ – und auch eine „weitere Million Beobachtungsstudien“ würde keine endgültigen Lösungen liefern. Aufgrund zahlreicher Schwächen dieser Untersuchungen werden Politiker zu „größerer Vorsicht bei Ernährungsempfehlungen“ angemahnt, da diese primär auf Beobachtungsstudien basieren, die nicht durch klinische Studien bestätigt wurden. Prof. Peter Nawroth, Direktor Innere Medizin, Universitäts-Klinikum Heidelberg konstatiert klar, dass bei keinem Patienten mit Diabetes, Krebs oder Herzkreislauf-Erkrankungen ein Arzt diagnostizieren könne: „Sie haben zu wenig Obst und Gemüse gegessen“ oder „Sie haben zu viel Fleisch gegessen und zuviel Fruchstsaft getrunken“. Das sei nicht möglich. „Ein kausaler Rückschluss der Erkrankungsgeschichte auf ein spezielles Essverhalten ist nur in extremen Einzelfällen möglich, in der Regel lässt sich dazu nichts sagen“, erklärt Nawroth. Auch eine „Vorbeugung von Volkskrankheiten mittels spezieller Ernährungsempfehlungen“ durch Ärzte sei medizin-ethisch nicht vertretbar, denn dafür fehlten die wissenschafltichen Belege.

„Nicht genügend wissenschaftliche Evidenz“

Dementsprechend war es nur eine Frage der Zeit, bis im Februar 2016 Prof. Peter Stehle, Präsidiumsmitglied der DGE e.V. (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) öffentlich offenbarte, dass die Ernährungsforscher ein Problem haben: „Wir können nicht genügend wissenschaftliche Evidenz liefern.“ Denn das sei „tatsächlich schwierig, das Liefern von Belegen.“ Die beobachteten Ergebnisse der Ernährungsforschung seien daher „argumentativ natürlich sehr, sehr schwach. Aber das war immer so und wird so bleiben.“ Denn zu diesen Studien, die harte Evidenz, also Beweise für beispielsweise gesunde Ernährung liefern, erklärt Stehle: „Solche Interventionsstudien wird es nie geben.“ Auch auf die Frage, wie hoch der Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit (Verfassung) ist, spricht Stehle Klartext: „Das lässt sich nicht quantifizieren. Niemand weiß das.“ Sein Kollege Prof. Manfred J. Müller, ehemaliger Leiter des Instituts für Humanernährung an der Universität zu Kiel erläutert en Detail: „Kein Wissenschaftler kann Ernährung genau messen. Das wiederum bedeutet: Alle in den letzten 20 bis 30 Jahren publizierten Beobachtungsstudien zu den Zusammenhängen zwischen Ernährung und Gesundheit/Krankheit waren und sind fragwürdig. Es könnte also sein, es könnte aber auch nicht sein. Wenn diese Ergebnisse dann in die Öffentlichkeit gelangen, dann ist das sehr schade, denn: Diese Ergebnisse besagen ja nichts.“ Einer der vehementesten Kritiker der „Glaskugel“ Ernährungsforschung ist Prof. John P. Ioannidis, Stanford University, der im August 2018 Klartext redete: Ernährungsstudien seien voll von methodischen Mängeln und daher nicht aussagekräftig. Ergo empfiehlt er den Autoren von Ernährungsstudien: Nochmals von vorn anfangen!

„Gesunde Ernährung? Kann man nicht so genau definieren“

Ach wie gut, dass jemand weiß, warum das niemand weiß – so erklärte der wissenschaftliche Vorstand des DIfE (Deutsches Institut für Ernährungsforschung), Prof. Tilman Grune, im August 2016: „Gesunde Ernährung kann man gar nicht so genau definieren.“ Sein Kollege Prof. Achim Bubvom Max-Rubner-Institut (MRI), dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe, stellte nur einen Monat später klar: „Wir wissen herzlich wenig über Ernährung.“ Dr. Walter Burghardt, Ernährungsmediziner am Universitätsklinikum Würzburg und Vorstandsmitglied im Bundesverband deutscher Ernährungsmediziner konkretisierte kurz danach: „Wissen wir denn tatsächlich so genau, was wir brauchen? So weit ist die Medizin noch nicht.“ Dieses Kernproblem des „fehlenden Wissens“ ist grenzübergreifend bekannt und benannt: „Einerseits wird ständig propagiert, wie wichtig eine gesunde Ernährung ist. Auf der anderen Seite hat die Ernährungswissenschaft bis heute keine schlüssigen Studien für die optimale Ernährung vorgelegt“, mahnte Prof. Jürgen König, Leiter Ernährungswissenschaften, Universität Wien im Oktober 2016. Sein österreichischer Kollege Prof. Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin (EbM) der Donau-Uni Krems, erklärt die zwei wesentlichen Gründe für diesen Mangel an schlüssigen Studien: „Gute Ernährungsstudien sind sehr schwierig durchzuführen, da viele unterschiedliche Faktoren einen Einfluss haben und das Ergebnis verzerren können. Wir wissen etwa, dass Menschen, die sich ausgewogen ernähren, auch eher Sport treiben und mehr auf ihre Gesundheit achten. Zudem fehlt es in diesem Bereich an finanzieller Power.“ Und so fragte die FAZ zu Recht: Was ist denn nun wirklich ein gesundes Essen für den Normalbürger? „Tatsächlich weiß das auch heute niemand“, erklärte der Ernährungsmediziner Prof. Hans Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim im September 2017.

„Folgen Sie dem Gespür für den eigenen Körper“

Dementsprechend dünn ist auch das Fazit zu gesunder Ernährung von Experten der Hochschule Fulda: So erklärt Prof. Christoph Klotter: „Meiner Meinung nach kann heutzutage ohnehin keine allgemeine Ernährungsempfehlung mehr ausgesprochen werden. Jeder Organismus verstoffwechselt Nahrung unterschiedlich.“ Und weiter: „Es ist schwierig, genau zu sagen, was gesunde Ernährung ausmacht und was nicht. Viele vermeintliche Erkenntnisse sind ins Schwanken geraten … Daher können wir nicht sagen, was alle Menschen unbedingt zu sich nehmen sollen.“ Für Haller ist es daher das „Gebot der Stunde“, überhaupt keine spezifischen Ratschläge in Sachen gesunder Ernährung zu geben. Statt Regeln empfiehlt Klotter: „Wenn jeder für sich herausfindet, was gut für ihn ist, finde ich das fantastisch.“ Seine Fuldaer Hochschulkollegin Kollegin Prof. Jana Rückert-John, ergänzt: „Was am Ende dann bleibt, ist sich ausgewogen zu ernähren.“ Dabei solle man von allem essen und die „Lust und den Spaß am Essen im Zuge des ganzen Gesundheitswahns nicht verlieren.“ Wie einfach das geht, erläuterte Dr. Margareta Büning-Fesel, Vorstand des aid infodiensts und Leiterin des von Bundesminister Christian Schmidt 2017 eröffneten „Bundeszentrum für Ernährung“, im Mai 2016: „Ich bin überzeugt davon, dass jeder Mensch in der Lage ist, die für ihn beste Ernährung für sich zu entdecken. In erster Linie sollte man dabei seinem Geschmack folgen. Und dem Gespür für den eigenen Körper.“ Im März 2017 ergänzte Büning-Fesel die eigentliche Gretchenfrage und „die sollte sein: Was ist gut für mich – und was nicht?“ Hingegen sollten „gesundheitsbezogene Aussagen über Ernährung stets mit einer gesunden Portion Skepsis betrachtet werden“, so Dr. Rainer Spenger, Geschäftsführer des österreichischen Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Prof. König bringt es Ende Mai 2017 auf den Punkt: „Wer ein bisschen über seine Ernährung nachdenkt, braucht keine Ernährungspyramide, sondern nur den gesunden Hausverstand.“ Seine Schweizer Kollegin, Prof. Christine Brombach, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, liefert dazu die passende praktische Empfehlung: „Essen Sie, was Sie wollen, aber in vernünftigen Mengen.“

Das (vor)letzte Wort gebührt SPD-„Gesundheitsminister in spe“ Prof. Dr. Karl W. Lauterbach, der im März 2017 auf die Frage eines WDR5-Reporters, ob man sagen könne, „Die einzig sinnvolle Ernährung, die gibt es nicht?“ antwortete: „Das kann man auf jeden Fall sagen. Das ist klar.“ Dem stimmt Prof. Klotter umissverständlich zu: „Es gibt nicht die eine richtige Ernährung  für alle.“

In diesem Sinne folgt nun abschließend ein „ökotrophologisch adaptiertes“ Zitat des Philosophen Paul Watzlawick:

Es gibt so viele gesunde Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn: Jeder Mensch is(s)t anders.

Vertrauen Sie beim Essen daher intuitiv auf Ihre ganz individuellen Gefühle Hunger, Lust, Sättigung und vor allem Verträglichkeit. Denn: Wie kann etwas gesund für Sie sein, das Ihnen nicht schmeckt und das sie schlecht vertragen?

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Nicht ganz dicht, nicht?

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Dani Fohrler hat mich am 18. April in seine Sendung „Treffpunkt“ ins Radiostudio von SRF1 eingeladen. Eine Stunde lang unterhielten wir uns über mein Lieblingsthema, das Jammern.

Dani und ich kennen uns seit bald 20 Jahren. Damals waren wir noch TV-Quoten-Konkurrenten: Dani mit Fohrler live auf TV3, ich mit Klartext auf RTL/ProSieben. Im Magazin Facts haben sie uns verglichen und – so weit ich mich erinnere – ein ähnliches Foto wie oben abgelichtet. Schon damals waren wir beide Fans von schönen Uhren und uns freundlich gesinnt 😉

Danke Dani Fohrler, für das fein geführte und bestens vorbereitete Interview. So macht Radio Spass.

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Jammern – ein Ventil, das der Mensch wirklich braucht?

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