Allgemein, Ideen und Gedanken, Krisenbewältigung, Optimismus, Positiv handeln, Ratgeber, Reframing

No handshake? New chance!

Zur Zeit ist Händeschütteln so ziemlich verpönt, teilweise sogar verboten. Komisch: Menschen stehen sich gegenüber, mit einem halbherzigen Lächeln auf dem Gesicht halten sie Abstand und wissen nicht, wie sie die momentane Situation zu meistern oder zu kommentieren haben. Das eröffnet die grossartige Chance, sich mit einer fremden Kultur zu befassen und zu schauen, ob man da was Schlaues übernehmen kann!

Der Hongi (das Nasenreiben) der Maori in Neuseeland ist zum Beispiel eher ungeeignet 😉 Von Japan hingegen kann man lernen und profitieren, denn Händeschütteln ist in Japan unüblich. Stattdessen verlangt die Etikette eine Verbeugung (Eshaku). Beim Verbeugen muss der Rücken gestreckt sein. Der Rangniedere muss der Waagerechten näher kommen und länger in der Verbeugung verharren.

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Wunderbar – das könnten wir doch 1:1 übernehmen! Und zwar ohne den komplizierten kulturellen Hintergrund, wer wann wie lange mit wem und so. Einfach eine höfliche Verbeugung einführen, anstatt einander die eventuell verseuchten Hände zu schütteln.

Man stelle sich vor, diese Verbeugung würde schon in der Schule zur Begrüssungsnorm. Eine echte Chance, in einer zunehmend ignoranten Gesellschaft wieder Höflichkeit und Respekt zu implementieren.

Es ist wie so oft: Man kann den Virus verteufeln. Oder man kann schauen, wo ein Gewinn des Verlusts drin liegt.

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Allgemein, Ideen und Gedanken, Krisenbewältigung, Lebenshilfe, Positiv handeln, Reframing

Motivation

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Diese Aufnahme habe ich im Frühling in Sizilien gemacht. Spontan kam mir dabei „Motivation“ in den Sinn.

Zum ersten mal habe ich das Wort „Motivation“ als junger Mann im Militärdienst gehört.  „Motivieren Sie endlich Ihre Gruppe!“ forderte der junge Leutnant den noch jüngeren Wachtmeister auf. Obwohl ich das Wort bis anhin nicht kannte, begriff ich die Bedeutung sofort und fand damals, dass es sich recht intelligent anhört.

Vor Jahren kam mir das Buch Mythos Motivation von Reinhard K. Sprenger in die Finger. Sprenger unterscheidet zwischen Motivation und Motivierung. Motivation kommt von Innen, Motivierung von Aussen. „Alles Motivieren ist Demotivieren“ – das ist eine interessante Erkenntnis und für viele Führungspersonen zugleich eine provokative Aussage. Jedenfalls ist das Buch auch nach 26 Jahren aktuell und äusserst lesenswert.

Die Frau in der Kirche. Viel Motivation scheint hier nicht vorhanden zu sein. Vor dem Hintergrund der bröckelnden Mauer und einer schlaffen Italien-Fahne macht sie einen besonders tristen Eindruck. Nächste Station: Weltuntergang. Und dies ausgerechnet in heiligen Mauern, da wo so manche Menschen Trost suchen und Hoffnung schöpfen.

Da stellt sich die Frage: Kann Hoffnung motivieren? Oder ist Hoffnung die Basis für Motivation? Es kommt auch hier darauf an, aus welcher Perspektive man etwas betrachtet. Von Innen oder von Aussen. Der Frau in der Kirche empfehle ich, im Inneren zu suchen. Das Äussere, die Motivierung, funktioniert ja offensichtlich nicht. Sie soll sich irgendeine kleine Freude vor das geistige Auge zaubern und sich an etwas positives erinnern. Das muss nichts weltbewegendes sein. Da reicht schon ein Teller Pasta.

Basta.

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Allgemein, Ideen und Gedanken, Jammern, Reframing

Wir sind die Reichsten. Na und?

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Erst eben hatten wir es wieder einmal schwarz auf weiß. In der Sonntagszeitung war zu lesen: „Wir Schweizer sind die Reichsten der Welt.“

Und jetzt? Ich weiß momentan gar nicht so recht. Kann man darauf stolz sein, weil es Leistung bedeutet? Soll man sich schämen, weil übermässiger Reichtum zweifelhaft ist? Oder ist es einfach ein glücklicher Zufall, hier geboren worden zu sein? Und weshalb jammern denn ausgerechnet bei uns so viele Menschen?

Also – was jetzt? Soll ich mir vielleicht eine Goldmedaille umhängen und ein bisschen in der dritten Welt herumstolzieren? Oder mit offenen Armen an der Grenze stehen und rufen: „Kommet nur her. Es hat genug für alle!“ Soll ich überhaupt Regung zeigen wegen etwas, das schon lange Tatsache ist? Ich weiss ja seit meiner Kindheit, dass „es uns hier viel besser geht als jenen in Afrika“.

Ich könnte ja bei dieser Gelegenheit auch mal wieder die Gedanken sortieren… Was bedeutet das für mich als siegenden Schweizer, also meine Innensicht? Was bringt es mir, mit 6.28 Millionen andern Passbesitzerinnen und Passbesitzern auf dem 1. Platz zu stehen und auf 193 andere Staaten hinunter zu schauen? Ehrlich gesagt – ich schäme mich ein wenig. Ähnlich wie damals, als ich in einem klimatisierten Taxi durch Bombay gefahren bin, nackte Kinder mit schwarzen Fingernägeln an die Fenster geklopft haben und ich den Kopf weggedreht habe.

Der Vorteil unseres enormen Wohlstandes (dies betrifft nicht die rund 530’000 Mitbürger unter der Armutsgrenze) ist, dass wir reisen können. Wohin wir wollen. Viele sogar so oft und so lange sie wollen. Fantastisch! Und wir können es uns leisten, in luxuriösen Hotelanlagen am blauen Meer die tristen Verhältnisse in der Umgebung auszublenden.

Der Nachteil hingegen ist, dass so selten ein Bild und ein Gefühl vermittelt wird, was da Draussen wirklich los ist und wo ausgleichender Handlungsbedarf besteht.

Und wie sehen das die Andern? Die Ausländerinnen und Fremden? Sind sie ehrfürchtig, wohlwollend, neidisch, fordernd, aggressiv oder teilnahmslos? Logisch ist, dass Reichtum wie ein Magnet wirkt. Wo würde ich hingehen wollen, wenn ich in Armut aufgewachsen wäre? Was wäre ein lohnenswertes Ziel? Switzerland! Number one! Ich kann’s verstehen. Wer will denn schon nach Sierra Leone (letzter Rang) auswandern?

Mir gefällt es hier. Doch der wahre Reichtum hängt nicht vom Platz auf der Rangliste ab, sondern liegt in den schönen Erinnerungen und dem warmen Heimatsgefühl. Für mich waren das die Sechziger Jahre. Als ich noch ein Kind war sah man den Unterschied, wenn man mit dem vollbepackten Auto von Süden her – auf dem Heimweg aus den Sommerferien – über die Grenze in die Schweiz kam. Schon was Anderes. Viel sauberer. Kein Abfall neben den Trottoirs (Gehsteigen). Geranientöpfe vor den Fenstern schmucker Chalets, Fahnenmasten mit dem leuchtenden weissen Kreuz auf rotem Grund, frisch gemähter Rasen, geordnete Öffnungszeiten, bunte Vereinsanlässe, Bratwurst vom Grill. Die alten Werte eben. Gelebt, durch Sozialkontrolle aufrechterhalten und stolz sichtbar gemacht.

Und heute? Kaum noch Unterschiede zur weiten Welt. Egoismus pur. Autistische Smartphone-junkies an jeder Ecke. Augen auf den Bildschirm gerichtet, virtuelle Freunde, in den Ohren weitere Isolationsgeneratoren. Gestern war Rücksicht wichtig, heute der Black Friday. Profitieren und das 365 Tage im Jahr. Auf dem Land ist es besser, definitiv. Je weiter weg von den Zentren, desto mehr alte Heimat. Doch hier, mitten in der Stadt: Karriere, flächendeckendes Ich, grassierende Ignoranz. Me first! Von hippen Eltern vorgelebt und anerzogen. Hier findet die Individualisierung ihr tristes Ende und alles verschmilzt zu „one world“. Es sieht hier aus wie überall. Und es fühlt sich auch so an. Ausländer im Inland. Medial internationalisiert, instrumentalisiert, synchronisiert und letztlich grenzenlos entwurzelt.

Und nun sind wir (schon wieder) die Reichsten und treten auf der internationalen Geldbühne im Strahlenmeer daher. Schön. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Da könnte man ja durchaus auch mal hinschauen und sich überlegen, wieviel Schatten noch gesund ist.

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Glaubenssätze, Ideen und Gedanken

Glauben lernen

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Vor einigen Tagen, im Flugzeug von Sofia nach Zürich, sass ich in der Reihe vor einem kleinen Mädchen und ihrer Mutter. So wie die Mama mit ihrer ca. 6-jährigen Tochter redete, liess die Vermutung zu, dass sie Lehrerin ist oder zumindest einmal war. Wirklich grossartige, aufbauende Pädagogik und konstruktive Kritik – verständnisvoll und liebend dargebracht. Das Mädchen malte irgendetwas mit Buntstiften und Mamas Kommentare folgten unmittelbar und ohne Pause.

Die Flight Attendant verteilte uns Passagieren derweil den Snack und ein kleines Stück Schokolade, auf welches ich gerade keine Lust hatte. Vielleicht das Mädchen? Kinder lieben Schoggi! So drehte ich mich um, streckte meine Hand durch den Spalt zwischen den zwei Sitzen, lächelte die Kleine an und sagte: „Möchtsch mini Schoggi ha?“ Oooopppsss – das war offensichtlich die falsche Frage! Das Mädchen erschrak nämlich fast zu Tode, weil sie nun vermutlich das Gesicht des Bösen Mannes sah, vor dem sie immer gewarnt worden war: „Pass auf, nimm nie Süssigkeiten von einem fremden Mann!“

Doch die Mutter lenkte sofort beschwichtigend ein, lächelte mich leicht verkrampft an und sagte: „Nein danke, wir essen nur Schweizer Schokoklade.“ Super. Bravo. WIR essen nur Schweizer Schokolade. Und weshalb bitte? Aus Tradition? Oder aus Prinzip? Oder weil Bulgarische Schokolade schlechter ist, auch wenn sie nicht mal probiert wurde? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass hier ein negativer Glaubenssatz installiert wurde.

Negative Glaubenssätze sind feste Überzeugungen, die wir uns im Laufe unseres Lebens aneignen. Wir übernehmen sie von unseren Eltern oder von andern Menschen, die uns sehr nahe stehen und beeindrucken und suchen später immer wieder Beweise, dass sie auch wirklich stimmen. Alles, was wir als kleine Kinder zu hören und zu sehen bekommen, prägt sich uns tief ein und wirkt zum Teil ein Leben lang.

Ich stelle mir vor, dass das kleine Mädchen vielleicht in 15 Jahren im Ausland studiert und irgendwann mal Lust auf Schokolade hat. Dabei wird sie kaum den Versuch wagen, Hersheys oder irgend ein anderes ausländisches Produkt zu versuchen, denn „WIR essen ja nur Schweizer Schokolade“.

Das ist schade. Und dumm.

 

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Allgemein, Ideen und Gedanken, Krisenbewältigung, Positiv handeln, Reframing, Strategien und Modelle

Gestörte Bergfahrt

Zuerst hörte ich nur das Wort „Praxis-Transfer“. Es hat mich unsanft aus meinem eigenen Film gerissen. Ich stand tagträumend an der Türe der Uetlibergbahn mit Blick aus dem Fenster auf die schöne Stadt Zürich und spürte, dass dieser kontemplative Moment nun vorbei war. Dass ich mich nicht mehr auf meine Gedanken konzentrieren und nicht mehr nicht zuhören konnte. Danach kam „Ressourcenorientierung“ und es schien, dass sich rund 40 Zentimeter hinter mir zwei Frauen austauschten, die in der faszinierenden Welt der Erwachsenenbildung, mit Schwerpunkt Coaching, gewaltfreie Kommunikation und konstruktiver Feedback-Kultur, ihr neues Bewusstsein und eine höhere Stufe von Achtsamkeit gefunden hätten. Alles macht Sinn und lässt sich erklären. Endlich. Esoterik war früher. Wie konnten wir nur.

A: Es ist vor allem  eine Frage des Rollenbewusstseins und wie ich dann von den Teilnehmern wahrgenommen werde. Dazu fehlt mir die Praxis. Und auch entsprechende Handouts.

(Immerhin Reflexion und Selbsterkenntnis….)

B: Vertrauen braucht Zeit. Fordere konkrete Rückmeldungen ein. Rein auf der sachlichen Ebene. 

(Ok, die Expertinnen-Schiene….)

A: Ich bin letztlich auch nur ein emotionaler Mensch, trotz des konstruktiven Vorsprungs. Nicht wie Maria.

(Billige Ablenkung….)

B: Ich finde, Maria blendet oft die Tatsachen aus, das Objektive.

(Mobbing….)

A: Sie hat wenig Erfahrung in Selbstdarstellungsrunden. Sie redet bereits von Lösungen, bevor sie sich die zentralen Fragen stellt. 

(Whooo, jetzt wird potenziert….)

B: Es ist eine Frage der Methodenkompetentz. Zentral oder nicht. Sowohl-als-auch anstatt entweder-oder.

(Destruktiv)

A: Was soll am Ende geklärt sein? Und wer zeigt sich für die Nachhaltigkeit verantwortlich?

(Ablehung von Verantwortung)

B: Eben. Alle. Resourcensharing und Commitment. Auch wenn viele mit diesen Schwebezuständen nicht umgehen können.

(Na bitte. Die Dozentin. Abrakadabra. Sie weiss es und kann es.)

A: Das wird die Entscheidungsqualität letztlich nicht beeinflussen und die natürlichen Führungskräfte werden sich unaufgefordert zeigen. Das Organigramm soll bottom-up entwickelt werden. Wie stellen genügen FlipCharts, Farben und Verkleidungsgegentände zur Verfügung.

(Schon wieder eine klassische Reproduktion von Vorgedachtem und Vorgemachtem)

B: Eine 360° Beurteilung des Verhaltens ist somit gewährleistet. Wir werden die relevanten Aussagen mit den Teilnehmenden reflektieren und zusätzlich nach Schultz von Thun auf der Meta-Ebene analysieren. 

And so on… Ich konnte nicht weghören. Ein Vokabular von Faszinierten. Ein Bullshit-Bingo der Therapeuten-Szene. 

Wie alt sind sie wohl, die zwei Damen? Haben sie Kinder? Einen Mann? Eine Freundin? Eltern, Katzen, Geschwister? Oder nur Gleichgesinnte, Zertifizierte? Macht ihnen das Leben auch Spass, ohne dass sie es gleich reflektieren und kategorisieren müssen? Tragen sie atmungsaktive Wanderkleidung und haben genügend Wasser und einen Regenschutz dabei? Vegan? Pferdekalender aus der Camargue an den Wänden und Kunstseideblumen in mundgeblasenen Vasen in der Vitrine?

Ich weiss es nicht, weil ich mich nicht umdrehen mochte. Ich habe mich in diesen Bilden, Illusionen und Clichées gesuhlt. 

Das wahre Abenteuer beginnt im Kopf.

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Glaubenssätze, Glück, Ideen und Gedanken, Lebenshilfe, Persönliche Erfahrungen, Positiv handeln

Wie wissen wir, dass wir glücklich sind?

Wenn wir im sogenannten Flow (s. Warwitz und Csiksentmihaly) sind. Etwa so, wie spielende Kinder es sind. Wenn wir in unserer Rolle aufgehen, die Zeit vergessen und Handeln und Bewusstsein verschmelzen, wenn wir unseren Anforderungen angenehm gewachsen sind und Lob für unser Tun erhalten. Wenn extrinsische Motivation kein Thema mehr ist, weil Aufgabe und Lösungskompetenz sich im Gleichgewicht befinden und wenn wir das sind, was wir spielen, weil wir keine Sinnfragen zu beantworten haben.

Genau diesen Zustand habe ich erlebt, als ich vor vielen Jahren für meine damals 2-jährige Tochter einen Stall baute. Ein Puppenhaus für Kühe und Hühner. Mit Heissleimpistolen, Laubsägen, Spanplatten, Kieselsteinen und Grasteppichresten umgeben, bastelte ich jeweils bis in die tiefe Nacht hinein. Ohne Musik oder andere Ablenkung – nur ich, der Plan, das Material und die Freude. Kennen Sie dieses Gefühl? Stellen Sie sich vor, Ihre tägliche Arbeit so zu erleben. Würden Sie es noch Arbeit nennen? Wäre die Work-Life-Balance noch ein Thema für Sie? Das sind die Momente in denen wir das Richtige tun und unseren wahren Talenten Raum und Zeit geben. Wir tun es gern und deshalb so oft wie möglich. Und wer etwas oft tut, wird immer besser dabei. Positive Erfahrungen machen ausserdem sicher und Sicherheit gibt Selbstvertrauen.

Also: Los!

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Glück, Ideen und Gedanken, Jammern, Realität, Reframing, Reisen

Abschied und Neubeginn

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Was für ein pathetischer Titel, was für ein tendenziöses Bild. Die würden perfekt zur berühmten Glückskartenschreiberin Susan Polis Schutz und ihrer Zielgruppe passen. Aus einer andern Perspektive bieten sie eine praktische Anwendungsmöglichkeit für die wertvolle Kunst des Reframings, dem nachhaltigen Mittel gegen Jammern.

Es ist Herbst und das macht mir oft Mühe. Es riecht nicht nur nach feuchtem Unterholz und Pilzen, es riecht auch nach Abschied. Vorbei sind die langen Tage, die lauen Nächte, das Schwimmen im See, das Grillen mit dem Bier in einer Hand und die unkomplizierte Garderobe. Ich kann den Kopf hängen lassen, wie es jetzt nach und nach die Sonnenblumen tun. Dann passt sich mein Verhalten dem Rahmen an.

Oder ich setze ein neues Verhalten in die Gegebenheit. Mein Entscheid. Wie wär’s mit Fokus auf Neubeginn? Was ist oder wird jetzt angenehm neu?  Für die Augen traumhafte Lichtverhältnisse und viele Farben. Für die Nase Kerzenwachs, Zimt und Tannengeruch. Für den Gaumen Rotkraut, Marroni, Glühwein, Fondue (Käsesuppe) und Guetzli (Kekse). Für die Ohren keine Mücken mehr. Kuschelige Schals und dicke Daunenjacken um die kühle Luft zu geniessen.

Voilà.

Eine andere Möglichkeit ist, das Verhalten beizubehalten und den Rahmen zu wechseln. Verreisen zum Beispiel. Das ist vorübergehend heilsam und nicht Alle können es sich leisten. Da kommt selbst die Entscheidungsfreiheit an ihre Grenzen.

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Glaubenssätze

Gesunder Menschenverstand

Wer sich auf den gesunden Menschenverstand bezieht, möchte eine Normalität zur Basis der Argumentation machen. Die Behauptung, es gäbe einen gesunden Menschenverstand, setzt einen ideellen Prüfstein, an dem dann in autoritärer Weise das Richtig und Falsch der Meinung anderer geprüft wird. Dieses entspricht und jenes entspricht nicht dem gesunden Menschenverstand. Vertreter des gesunden Menschenverstandes maßen sich damit an, die Welten der Anderen als mit dem gesunden Menschenverstand konform oder auch nicht konform zu bezeichnen. Sie setzten sich in die Position absoluter Beurteilung, schließen ein und sortieren aus, autokratisches Bewerten: Ich sage, was gesunder Menschenverstand sei und prüfe Dich, ob Du mit Deinem Verhalten diesem entsprichst.

„Zur Aufwertung des gesunden Menschenverstandes trägt stark die deutsche Popularphilosophie bei, die auch Philosophie des gesunden Menschenverstandes genannt wird. Ihre Blüte erlebt sie während der Hochaufklärung, von etwa 1750 bis 1780. Hauptvertreter sind u. a. Moses Mendelssohn, Johannes Nikolaus Tetens, Johann Georg Heinrich Feder, Christoph Meiners und der frühe Kant.[9] „ zitiert aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesunder_Menschenverstand

Weshalb bezeichne ich den „gesunden Menschenverstand“ als einen ideellen Prüfstein? Weil keines der drei Worte erklärt werden kann. Weder das Wort „gesund“, noch „Mensch“ noch „Verstand“ kann definiert werden. Um das Wort „gesund“ zu definieren genügt heute die Floskel: Gesund bedeutet die Abwesenheit von Krankheit. Krankheiten gibt es viele, tausende, Gesundheit nur eine. Doch was „gesund“ sei, wird damit nicht geklärt. Und wer könnte von „Menschen“ sprechen und damit alle Menschen meinen. Alle, die jemals lebten, alle, die heute leben, alle Menschen, die in Zukunft leben werden? Selbst wenn wir „Menschen“ nur auf die reduzieren, die heute leben, gibt es niemanden, der all diese Menschen kennt und diese nach deren Verstand befragen könnte. Und was sollte bezüglich eines Verstandes befragt werden? René Descartes machte darauf aufmerksam:

„Der gesunde Verstand ist das, was in der Welt am besten verteilt ist; denn jedermann meint damit so gut versehen zu sein, dass selbst Personen, die in allen anderen Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen.“ zitiert aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Verstand

Wir können nicht wissen, ob „jedermann“ meint, genügend Verstand zu haben. Es wird schon ein paar Menschen geben, die sich mehr davon wünschen. Einige möchten vielleicht so viel Verstand haben, dass sie auf autoritäre Rhetorik wie die des gesunder Menschenverstandes verzichten könnten:

http://www.theeuropean.de/heinrich-schmitz/9023-die-maer-vom-gesunden-menschenverstand

Ich habe schon einige Menschen getroffen, die von sich meinten, sogar zu viel Verstand zu haben. Darin sahen sie die Quelle ihrer Unzufriedenheit mit den Mitmenschen. „Ach wäre ich nur genauso dumm wie die, dann könnte ich zufriedener leben.“ Oder in der Umkehrung: „hätte nur jeder so einen gesunden Menschenverstand wie ich, das wäre eine schöne Welt“. Eine schöne Welt, eine und genau eine Welt, für alle verbindlich, EIN tausendjähriges Reich des gesunden Menschenverstandes. Vielleicht könnte ich mich mit so einer „Einweltphilosophie“ selbst beruhigen und wenn ich das versuche, fällt mir auf, dass ich immer unruhiger werde, weil ich meine eine Welt bedroht sehe. Jede(r) Andere scheint meine schöne Einwelt anzugreifen, von überall her droht Unverständnis und ungesundes unmenschliches Verhalten. Also jammere ich: „Weshalb können nicht alle so denken wie ich, dann wäre Die Welt doch in Ordnung.“

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Ideen und Gedanken, Jammern, Krisenbewältigung

Wundern statt Jammern

Einverstanden – Papierkrieg ist ein passendes Synonym für unangemessene Administration. Es betrifft uns alle. Selbständige, Angestellte, Arbeitslose, Bauherren, Reisende, Vereinspräsidenten, Obsthändler, Bademeister, und was weiss ich…  Nachweise, Rapporte, Daten, Statistiken, Urkunden – es ist zum Davonlaufen, es frisst wertvolle Zeit.

„Früher war alles einfacher“, wird landauf-landab gejammert. „Weniger Kontrollen, mehr Flexibilität, mehr Freiheit. Und heute? Wo führt das nur hin?“

Beruhigt euch, Leute. Früher war es überhaupt nicht besser, zumindest nicht vor 44 Jahren. Coole Gechichte hier, schaut her und hört auf zu jammern! Buzz Aldrin, der zweite Mensch auf dem Mond, hat letzthin ein wunderbares Zeitdokument schmunzelnd (ok – was in der Vergangenheit bejammert wurde, wird in der Gegenwart oft belächelt) auf Twitter publiziert. Nach der Landung mit der Apollo 11 Kapsel in den Gewässern vor Hawaii, mussten er, Neil Armstrong und Michael Collins ein Zollformular ausfüllen und die mitgebrachten Güter deklarieren:
Buzz Aldrin

Grossartig. Stellt euch den Zollbeamten vor: „Anything to declare?“ Hahaha! Was haben die Astronauten wohl gedacht, nach so einem gigantischen, ausserirdischen Erlebnis? Voll geerdet der Mann. Und das System hinter dem Mond. Hahaha!

Die Lösung liegt nicht in der Vergangenheit. Das Problem liegt beim gesunden Menschenverstand, der wegen sturer Prozesse, mangelnden Kompetenzen und fehlendem Vertrauen zum Erliegen kommt. Heute wie früher.

Der Ausweg? Man kann sich zum Beispiel mehr Wundern als Jammern. Und insgesamt freier Handeln wollen.

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