Glaubenssätze

Antwort auf die „nächste Gesellschaft“

Thesen zur nächsten Gesellschaft: Sprachblindheit

Parallel zu Dirk Baeckers 15 Thesen der nächsten Gesellschaft.

1. Memristoren, die neu verstandenen Bausteine der Elektronik bestimmen die unfreiwillige Geschichtskonstruktion der nächsten Gesellschaft.

2. Die Kulturform der nächsten Gesellschaft zeigt sich in der konsequenten Verneinung des Nicht-Ich und der gezielten Ansprache des Multi-Ichs. Identitäten werden aus der Vervielfachung der Eigenvermeindlichkeit gewonnen.

3. Eine Strukturform der nächsten Gesellschaft gibt es nicht, da Struktur gerade das darstellt auf dessen Kosten sich die nächste Gesellschaft etabliert.

4. Die Integrationsform der nächsten Gesellschaft wird obsolet, weil nichts vorhanden sein wird, in das integriert werden könnte. Vielmehr wird verworfen, was dem Multi-Ich nicht ähnelt. Unähnliches erscheint momentan als Kunst wieder.

5. Die Politik in der nächsten Gesellschaft erschöpft sich in der Bildung von Alltagsmetaphorik und narrativer Reglungsillusion (schöne Geschichten als Kleister für die bunten Tapeten).

6. Die Wirtschaft der nächsten Gesellschaft reduziert sich auf die Verteilung technisch machbarer Fortschritte und das Schaffen und Erhalten großer Kapitale.

7. Die Kunst der nächsten Gesellschaft heißt „Überleben“. Dieses Thema wird in den unterschiedlichen Aspekten an Verworfenem durchgespielt.

8. Die Wissenschaft der nächsten Gesellschaft ist tot, weil die Dokumentenstruktur durch Performate abgelöst wurde. Originalität kann und soll nicht mehr gewährleistet werden.

9. Die Religion der nächsten Gesellschaft heißt Datensammlung und Exekutive.

10. Die Organisation der nächsten Gesellschaft ist unbewußt kenogrammatisch. Die Leerstellen werden allerdings mit selbstreferentiellen Evaluationsdaten gefüllt.

11. Die Technik der nächsten Gesellschaft erschafft den ungeselligen Menschen.

12. Die Reflexionsform der nächsten Gesellschaft besteht in ihrer Formlosigkeit. Reflexion heißt dann nur noch: ständige Wiederholung starker Reize.

13. Der Begriff des Individuum stirbt mit der nächsten Gesellschaft. Individualität existiert nur als auf das Selbst bezogene Illusion. Die Massenmedien stellen stündlich leicht geänderte Illusionen zur Verfügung.

14. Die Moral der nächsten Gesellschaft liegt in der anerkennenden Evaluation der Medientätigkeit.

15. Die Negationsform der nächsten Gesellschaft ist eine Sprachkrankheit die sich in psychischen und körperlichen Störungen zeigt. Sie wird in dem Sinne unberechenbar produktiv, als sie nicht zurückweist sondern Anleihen unzeitgemäßer Moralfragmente tradiert. Lachen, eine bislang praktizierte Negationsform wird in Lachseminaren als Körpererregung erlernt.

Franz Stowasser Mai 2011

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Allgemein, Glaubenssätze, Ideen und Gedanken, Lebenshilfe

Danke

Aeugst am Albis, 26. Dezember 2010, 16.35 Uhr

Ich bin Mitglied keiner Kirche und war früher mal evangelisch. Oder reformiert. Der Unterschied ist mir bis heute nicht klar. Jedenfalls war ich nicht katholisch und doch Christ. Es war und ist mir auch wirklich egal, wer an was glaubt. Ich mag diese Diskussionen um Religionen und Brauchtum nicht und weiche ihnen so gut es geht aus. Und hoffe, dass mich auch weiterhin alle in Ruhe lassen, die von mir in Ruhe gelassen werden.

Die wirklich zauberhaft winterliche Weihnachtszeit wurde heute Abend von einem bombastischen Sonnenuntergang gekrönt. Ich sass lange in meinem Sessel am Fenster und liess mich von diesem Naturschauspiel verwöhnen. Die Berner 4000er am Horizont wurden trotz zunehmender Dunkelheit immer heller, während die rote Kugel langsam im fernen Westen verschwand. Und mit dem Verschwinden des letzten Sonnenstrahls erschienen am Himmel plötzlich dutzende kleine Kondensstreifen von Flugzeugen, wie Kometen in Zeitlupe.

Und dann hatte ich das Bedürfnis, zu danken. Irgend jemandem. Für alles. Das sind sehr spezielle Momente. Allerdings auch ein wenig blöd, denn wem soll der Theist danken? Dem Glauben, dass es wohl so etwas wie einen Gott gibt und man ihn nennen kann, wie man will? Zum Besispiel Universum oder so? Ist zu unpersönlich und in diesem Moment auch unromantisch. Also habe ich mir ein leises „Danke, lieber Gott“ ausgeliehen und es hat sich angefühlt wie früher, als ich noch nicht so kompliziert dachte.

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Minarette ade – Schweiz ahoi?

Urdemokratisch, mutig, weltoffen, tolerant – so haben wir Schweizer uns immer gerne gesehen. Mit dem Votum für das Verbot weiterer Minarette offenbart unser Land aber auch andere Züge, die von Engstirnigkeit, Ängstlichkeit und Abschottungswillen künden. Immerhin haben uns diese Eigenschaften während mehr als 700 Jahren vor fremden Herrschern bewahrt… Die selbsternannten Heimatschützer der Neuzeit haben gestern einen Erfolg errungen, der uns noch zu schaffen machen wird.

Von den 7,7 Millionen Einwohnern der Schweiz bekennen sich weniger als fünf Prozent zum Islam. Viele der Muslime haben sich recht gut integriert. Von der Gefahr terroristischer Anschläge hören wir hierzulande fast nur aus den Medien. Wo Schwierigkeiten mit Muslimen bestehen, können sie nicht durch ein Verbot von Minaretten gelöst werden. Aber der SVP gelang es, aus der Mücke Minarett den Elefanten Islamisierung zu machen. Die nun beginnende Kontroverse über die Umsetzung des Verbots dürfte dem Ausland gleichgültig sein. Leider wird aber die Botschaft vom 1. Advent keine eidgenössischen Grenzen kennen und weit über unser Land hinaus gehört werden.

Ich finde dieses Abstimmungsresultat unglaublich peinlich und habe Mühe, „unsere Schweiz“ zu sagen, oder „unser Land“ zu denken. Ich kann am Zoll nun definitiv nicht mehr stolz meinen Pass zeigen, weil zu viele komplett anders denkende und fühlende Meineid-Genossen denselben zeigen.

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